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Vertreibung in ein Paradies
Jahrestagung 2017 in Duderstadt und Ilfeld

Für die wenigen mit der Bahn anreisenden Teilnehmer der Jahrestagung des Arbeitskreises für deutsche Dichtung endete das gemeine Abenteuer des Schienenstrangs wieder einmal ein ganzes Stück vor dem erstrebten Ziel. Denn zwischen Teistungen und Duderstadt zerschnitt die unselige Zonengrenze die Bahnlinie Leinefelde–Wulften. Die Aufhebung dieses Irrsinns bewirkte nicht etwa die Wiederinbetriebnahme einer durchgängigen Verbindung, sondern führte 1996 die komplette Stillegung der Strecke herbei.
Das sollte nicht der letzte Bruch im Verlauf dieses Anreisetages bleiben.
Die Durchquerung der Altstadt rückte uns die ehrwürdigen Gebäude nahe und die modernen Denkmäler und Brunnen, die nicht nur etwas bedeuten, sondern gar etwas darstellen sollten. Die Bronze eines Mannes mit Fohlen bezeichnete den Ort, wo sich der Pferdemarkt »vom 15. bis 20. Jahrhundert« befand. Die großzügige Datierung läßt deutlich werden, welcher Epochenwechsel uns übergeholfen werden soll. Von den sechzig Jahren der Existenz des Arbeitskreis liegen mehr als vierzig in besagtem Pferdezeitalter. Daß wir auf diesem Pfad so frischen Mutes und mit Lust weiter beritten bleiben, stellt eine Zumutung dar für die Funktionäre der Vernutzung der Erde. Ein anderes Denkmal veranschaulicht die Zusammengehörigkeit der geteilten Landschaft durch ein zueinander strebendes Paar. Neben einer knabenhaften Amazone, welche mit dem Bogen eine strudelnde Armbrust anvisiert, treffen wir einen weiteren Arbeitskreisler. Die Richtung zum Adenauer-Ring weisen am Rande des Parkes drei älteren Damen. Sie mögen mit dem Namensgeber die Blütezeit ihres Lebens in Verbindung bringen.
Das Jugendgästehaus droht mit dem Komfort eines Altersheims die Dichtung des Daseins zu profanisieren. Alles strahlt hier sterile Kläglichkeit. Zu den Quartieren führt ein gedeckter Gang. Die Dusche lädt zur Einfahrt im Rollstuhl. Zumindest zeigt sich das Personal erst einmal entgegenkommend und verständnisvoll. Der Kuchen zum Kaffeeklatsch wird unbürokratisch nachbestellt. (Der Arbeitskreis war bereits zu Beginn der zweitausender Jahre mehrmals im Duderstädter Objekt willkommen gewesen.) Zum Zeitpunkt hat der Vereinsvorsitzende über die Heimleitung bereits eine polizeiliche Warnung an die Teilnehmer weitergegeben. Proteste von Querulanten zielen auf unsere Zusammenkunft.
Während des Kaffeetrinkens treffen weitere Teilnehmer ein. Anschließend steigen wir hinab in das Souterrain, wo uns für die nächsten Tage ein Vortragsraum gewiesen wurde. Durch die Fenster, in denen untersichtig die Rasenflächen der Außenanlage zu erkennen sind, mögen in früheren Zeiten die Briketts herabgepoltert sein. Die Raumtemperatur ist gerade einmal überschlagen, und die spärlichen Deckenleuchten lassen sich nicht alle in Betrieb nehmen. Eine Stehlampe wird uns in Aussicht gestellt, um damit wenigstens die Referenten zu beleuchten. Doch anstatt daß uns eine solche endlich gebracht wird, öffnet sich die Tür ohne Ankündigung in unserem Rücken während des Vortrags von Rolf Schilling. Der vierschrötige Objektleiter Simmler verkündet grußlos ein Hausverbot. Grund dafür wäre unsere politische Einstellung, worüber Forumsbeiträge im Netz ihm Klarheit verschafft hätten. Da wir uns keines Verstoßes gegen die Hausordnung schuldig machten, genügt hier offenbar der von Fremden nahegelegte Verdacht über die vermutete Weltanschauung, um Ferngereiste, darunter aus Zürich, Wien und Graz, gegen Ende des Tages kaltschnäuzig auf die Straße zu setzen. Zuständig für diese Entscheidung wird vom Verkünder erst die Verbandsleitung genannt, später nimmt er sie auf die eigene Kappe. Eine schriftliche Form verweigert er, mündliche Kündigung sei wirksam. Wir ermuntern ihn, die Polizei zu rufen. Wir würden nur der Gewalt weichen. Alle sind sich einig, daß wir ungeachtet der Wahrung unserer Rechte und gegen die Flegelei des Hausherrn, vor allem darauf achten wollen, die Tagung inhaltlich und ohne Teilnehmerverluste fortzusetzen. Daß dieses am Ort unbehelligt nicht möglich sein wird, müssen wir schließlich einsehen. Zwei freundliche Polizeibeamte treffen uns dann schon in Aufbruchsstimmung an. Als der Vereinsvorsitzende Uwe Lammla ihnen gegenüber bemerkt »Das ist mir noch nie passiert!«, erwidert der Polizist lächelnd: »Mir auch noch nicht.« Auf meine privat gestellte Frage nach einem Ausweichquartier in Duderstadt und Umgebung entschlüpft seiner Kollegin wörtlich die bezeichnende Bemerkung: »Da geht das wieder los.« Offenbar haben wir einen Verfolger von Dienst, wes Nam’ und Art, erfuhren wir per Zufall erst am Tag darauf. Da uns vornehmlich die deutsche Dichtung am Herzen liegt, bedenken wir die deutsche Niedertracht nicht länger. Vier Ausweichmöglichkeiten werden spontan diskutiert und Wert darauf gelegt, daß alle Teilnehmer mitkommen. Daß wir nicht allein Freunde der deutschen Dichtung, sondern vielfach auch freundschaftlich miteinander verbunden sind, läßt uns den Ortswechsel ohne personelle Abgänge gelingen. Den Teilnehmern, die mit der Bahn angereist sind, werden die freien Plätze der Fahrgemeinschaften zugewiesen, und binnen kurzem finden sich alle in der ungleich wohleren Umgebung eines alten Forsthauses auf der Harzhöhe wieder. Die Benachrichtigung der später angekündigten Referenten und Teilnehmer gelingt mit zwei Ausnahmen: Rainer Hackel, der über Gertrud Fusseneggers Beziehung zum Christentum referieren sollte, und Michael Boss, der eigens aus Düsseldorf nach Bad Nauheim gereist ist, um gemeinsam mit Rainer Hackel zur Tagung zu kommen. Zwar wird schon in Duderstadt eine Benachrichtigung versucht, es gelingt jedoch nicht, das Webmail Uwe Lammlas, in dem Rainer Hackels Mailadresse gespeichert ist, auf einem Smartphone zu laden. Als elf Uhr nachts in Ilfeld ein Rechner zur Verfügung steht, schläft der ahnungslose Referent schon, und so fahren die beiden Teilnehmer nach Duderstadt und kehrten unverrichteter Dinge um.
Nach dem Abendbrot leitet Uwe Lammla die Fortsetzung des Vortrags mit den Worten ein: »Wir sind in Ostpreußen«, worauf Rolf Schilling erwidert: »Nein, wir sind im Harz.« Er spricht allen aus dem Herzen, mit der Feststellung, wir hätten dank des Herren in Duderstadt einen schöneren Ort gewonnen. Von der Ostpreußenreise im Jahr zehn des Mauerbaus berichtete er noch in Duderstadt, daß mit der Überquerung der Oder etwas von ihm abgefallen sei und ihn »frei, wie niemals zuvor im Leben« gemacht hätte. Nicht anders ist es den Versammelten gegangen. Hätten wir uns stärker schädigen lassen, zum Beispiel mit der Abreise von Mitgliedern und Referenten, wäre dem Verein daraus ein höherer Anspruch auf Entschädigung entstanden. Wir zogen aber vor, uns selbst damit zu entschädigen, daß wir an einer gelungenen Tagung festhalten. Nach einer kurzen Pause schließt sich die Lesung einiger neuerer Gedichte an. Besonders beziehungsreich zum Ort wirkte dabei der »Roßtrapp-Gesang«. Wo der Huf einschlug in das Felsenhaupt, wird uns im Hufhaus nahegerückt. Mit »Schlaf unter den Sternen« endet die Lesung. Der Beitrag von Burkhard Jahn wurde in Anbetracht der vorgerückten Stunde und des ereignisreichen Tages auf den Sonnabend verschoben.
Der bricht an mit dem Morgensingen auf tauiger Wiese. Um die ausufernde Nachtruhe anderer Gäste nicht abzuschneiden, werden die Sänger hinauskomplimentiert. Eine verständliche Zumutung, die wieder einmal nur zum besten der Geselligkeit ausschlägt. Felix Johann Baldig hat aus dem nahen Breitungen mühelos den Weg auf die Höhe gefunden. Sein Vortrag über die »Wortgewalt in den preußischen Konsistorien« zeugt von hohem Sprachgefühl und einem seltenen Vermögen Erlebtes mit grundsätzlichen Einsichten zu verknüpfen. Mit einer Filmkünstlerin mit den »großen Augen der nachtaktiven Arten« war kein dauerhaftes Einvernehmen über das gemeinsame Werk zur ländlichen Pfarrhausruine herzustellen: »Ob sie ahnte, wie protestantisch unser Zerwürfnis war, wo es sich doch dem Wort verdankte?« An ihre Stelle tritt im Fortgang eine Schwester Lena aus Brooklyn, die mit dem Pfarrer Hegel in Roßla 1922 Briefe wechselt. »Alles Protestantische ist genuin deutsche Literatur.« Die Teilbereiche werden aufgefächert: Ortschronik, Visitationsberichte, reisegeographische Schriften, Wetteraufzeichnungen. Im Anschluß gibt Martin Lichtmesz in freier Rede einen Abriß der Empfindungen, Erfahrungen und Lektüren, die zu seinem Buch »Kann nur ein Gott uns retten?« führten. Seiner pessimistischen Lagezeichnung einer alles überrollenden Medienmaschinerie wird von Uwe Lammla widersprochen, wohl auch aus der Erfahrung der vorangegangenen günstigen Wende unseres Treffens: »Ich habe den Menschen nie getroffen, in dem das völlig verschüttet ist.«
Der Hufhauswirt präsentierte das Mittagessen nicht, ohne die zahlreich versammelten Gäste ausdrücklich zum Luftgewehrschießen zu laden. Wir benötigen allerdings die Zeit, um in der Vorstandssitzung und der sich daran anschließenden Mitgliederversammlung zu beschließen, wie die eingeschränkte Geschäftsfähigkeit des Vereins schnellstens wiederhergestellt werden kann. Wolfgang Schühly wird in einer Nachwahl einstimmig zum Schatzmeister gewählt.
An dieser Stelle muß der Berichterstatter bekennen, nach den Strapazen der ungewohnten Vereinsarbeit eines ausufernden Nachmittagsschlafs bedürftig gewesen zu sein. Die Lesung von Burkhard Jahn ist ihm dadurch entgegen, ebenso eine ganze Reihe von kleineren spontanen Beiträgen, wobei er vor allem bedauert, daß ihn seine Schläfrigkeit um den metrisch geschliffenen Sarkasmus eines Uwe Haubenreißer gebracht hat. Als er solcherart erfrischt die während der Sitzung diskutierte Netzseite des Lindenblatts aufruft, servieren die Logarithmen einen offenbar naheliegenden Beitrag mit der Überschrift »Rechtslastige Poesie-Fans«, verfaßt von Julian Feldmann, der das Elaborat am Freitag auf der Netzseite »Blick nach rechts« eingestellt hat. Der Mensch denkt, und Gott lenkt. Kein Mittel ist dem Allmächtigen dazu zu gering. Gelegentlich bedient er sich sogar eines adipösen Strebers, dessen Physiognomie die Transplantierbarkeit innerer Organe des Sus scrofa domestica in den Körper des Homo sapiens auch morphologisch nahelegt. Sodann läßt er diesen Verschwommenen scharf nach rechts blicken, und die verhausschweinte Lebensform wird einer ihr unerträglichen Wirklichkeit gewahr. Wie dieser Iulian Adipositas bei seinen feisten Backen rechtsblickend etwas anderes zu sehen bekommen will als sein eigenes rosiges Fleisch, leuchtet nicht ein. Der »Kampf gegen rechts« hat offenbar keine Gesinnung zur Voraussetzung. Er wirkt vor allem als trojanisches Pferd, dessen Bauch angefüllt ist mit Mittelmaß. Seine Diener erpressen sich den Zugang zu einträglichen und wahrnehmbaren Positionen, die ihnen aufgrund ihrer Leistung niemals zugestanden würden.
Nach dem Abendessen präsentiert Baal Müller die Skizze seines überübernächsten Buches. Der Arbeitstitel »Faust und die letzten Menschen« imaginiert eine Spaltung der Menschheit in konventionell Gezeugte und, per Reproduktion, Pseudo-Unsterbliche. Die Gruppen stehen sich unversöhnlich gegenüber. Jan Fostos wird vom obersten Rat der optimierten Menschen und vom Engel Pfau zwiefach versucht. Er experimentiert mit einer teilkünstlichen Helena und ist berückt von der natürlichen Tochter Gretha. Dem ungeheuer kenntnis- und geistreichen Autor wäre zu raten, ähnlich dem großen Vorbild Goethe, die Fülle des Materials in einen einfachen Strang zu verdrehen, durch den sich ein merklicher roter Faden zieht. Die Assoziationsfülle des verbleibenden Materials kann er dann rücksichtslos in einen weiteren Teil gießen, an dem sich die Nachwelt den Magen verderben kann, wie sie es an Goethes zweitem Teil der Tragödie immer noch tut. Beim Zuhören befällt einen die Angst um den schönen Stoff und die guten Einfälle des beinahe faustischen Schriftstellers.
Zum sonntäglichen Morgensingen mit Geigenbegleitung tritt eine schwarze Katze in unseren Kreis und fällt maunzend ein. Bis sie sich den zwitschernden Meisen und Buchfinken in den Pappeln zuwendet. Die Kunst geht ihr offenbar doch nach dem Brot, oder genauer dem Fleische. Der schöne Wechselgesang zu »Jorinde und Joringel« nach Versen von Uwe Lammla von Christian Glowatzki vertont, will sich leider nicht richtig realisieren. Es gibt zuviel Basso continuo und zuwenig Viola d´amore. Musici von Format fehlen. Die Geigerin und die wenigen stimmstarken Mitglieder vermögen das nicht zu kompensieren. Hansjörg Rothe spricht über Genese und Genetik von Texten, über das Einlesen und Überfahren, Scannen, statt des erfahrenden Lesens, über das Augurenlächeln der Modernisten, denen das Dysfunktionale der propagierten Funktionen bewußt ist. Übereinstimmungen werden als Zusammenhang gedeutet, und tatsächliche Ursachen banalisiert. Anschließend gibt Sebastian Hennig einen Abriß von Leben und Autorschaft Johann Georg Hamanns am Bespiel von dessen Lektüre des arabischen Korans in den Monaten der Entstehung seiner »Aesthetica in Nuce«. Wolfgang Schühly verliest einen Nachruf von Fritz Köhncke auf den unlängst verstorbenen Dr. Wolf Dieter Tempel. In übersichtlichen Sätzen wird den Versammelten diese um den Arbeitskreis verdiente Persönlichkeit nahegerückt. Als der Vorsitzende eine gelungene Tagung resümiert, ist das weit mehr als eine übliche Phrase. Den Gesichtern der Teilnehmer ist abzulesen, daß geistig und physisch erfrischende Tage hinter ihnen liegen. Nach einem Gruppenfoto vor dem Hufhaus geht es zu Tal und heimwärts in Vorfreude auf das nächste Treffen.

Sebastian Hennig
am 1. Mai 2017

HUFHAUS HARZHÖHE

Wir folgten masurischem Wandern,
Als jäh unsre Heiterkeit schwand,
Von einem Moment auf den andern
Ein Hausherr für recht es befand,
Verträgen und Sitte zu spotten,
Sei besser als kleinstes Indiz,
Er dulde Verharmloser-Rotten
Und sei der Partei nicht Miliz.

Er setzte die Dichter und Hörer,
Zur Dämmerstund barsch vor die Tür,
Denn solche sind immer die Störer,
Wenn jemand sie ansieht dafür.
Das durfte uns wenig bestürzen,
Denn schließlich ists Teufels Beruf,
Zur Einsicht den Weg zu verkürzen,
Das Ziel sei das Haus mit dem Huf.

Querelen, die heutig und hiesig,
Verschmäht als banal jeder Reim,
Doch lud uns der Bann paradiesisch
Vom Zweckbau ins waldige Heim
Mit Ziegen und Pferden, der Brocken
Sah huldvoll herab auf die Schar,
Und keinem das Auge blieb trocken,
Der neu auf der Harzhöhe war.

Der Roßtrapp-Gesang, damit Schilling
Den Tag beschließt, wirkt als Gesicht,
Der Hörort als Wortgeber-Zwilling,
Der Mythos die Gegenwart spricht.
Auch hier ist ein Huf eingeschlagen,
Gewaltig nach wild-wirrem Ritt,
Wir selber sind Täter der Sagen,
Die Ahnen ziehn stets mit uns mit.

Im Morgentau jubelt die Geige,
Wir singen der Heimat, dem Mai,
Die Sonne verspricht, daß sie steige,
Doch kalt ist der Boden dabei,
Dann schildert uns Baldig die Pfarre,
Wo welthaltig Luthertum schafft,
Daß nie der Gemeinsinn erstarre,
Noch schwinde die christliche Kraft.

Auch Lichtmesz spricht über den Glauben,
Die Not, wenn er nicht mehr gemein,
Dann treffen den Daumen die Schrauben,
Die sollten in Räder hinein,
Doch dürfen wir alle nicht zagen,
Der Teufel ist alt wie die Welt,
Doch immer, wenn Gläubige wagen,
Ein Schlachtroß bereitsteht dem Held.

Nach deftigem Mahl das Profane
Die Stunde bestimmt im Verein,
Denn eins ist das Stehn bei der Fahne,
Auch preußische Ordnung muß sein,
So wählen wir Schühly aus Baden,
Er führe uns kaufmännisch buch,
Daß was auch bestellt und geladen,
Die Münzen nicht anderswo such.

Dann kommen mit Jahn die Balladen
Zum Vortrag mit Schrecken und Spott:
Man weiß, vor dem Spott kommt der Schaden
Und manchmal danach das Schafott.
Der Mummenschanz huldigt dem Derben
Im schaurigen Stück, in der Lieb,
Doch fällt auch das Weltall in Scherben,
Die Bühne dem Schauspieler blieb.

Bei Clemens wirds wieder mal ernster,
Der Mann der Justitia stellt klar,
Sein Nächster, nicht etwa sein Fernster,
Das Ziel seiner Fürsorge war.
Und weil das beim Biere probater,
Reimt Haubi rechts-links-hinterrücks,
Was Anjas potenzstarkem Kater
Der Jordan voraushat dem Styx.

Der Abend gehört schließlich Fausten,
Dystopisch, KI-transhuman,
Vergleichbar nicht mit dem zerzausten
Bartträger, bekannt als sein Ahn.
Doch schildert uns Baal die Berückung
Von einer naturhaften Maid
Als Stolperstein solcher Beglückung
Der Menschheit mit sinnloser Zeit.

Am Sonntag wird wieder gesungen,
Mitmaunzt eine nachtschwarze Katz,
Und dann zeigt uns Rothe gelungen,
Was heute solln Syntax und Satz,
Gepriesen wird das Überfliegen
Von Text zum Strukturdiagramm,
Denn schließlich kann drinnen nichts liegen
Als immer dasselbe Tamtam.

Daß Poeterey ausgetrieben
Bei solcherlei Lese-Unlust,
Der Imperativ steht geschrieben:
Sei stets dir der Eile bewußt!
Doch Hennig erinnert der Zeiten,
Da Hasten und Zeitsparen feind
Gemeine warn, und die Gescheiten
Die Weisheit im Maßhalten eint.

Was Hamann als Denker für Äcker
Bereithält, zeigt wie den Koran
Er las, rezipierte, Geschmäcker
Warn damals nicht Terror und Wahn.
Ein Nachruf auf Doktor Wolf Tempel,
Der zuschaut auf sorgloser Wolk,
Beschließt unser Treffen, der Stempel
Darunter darf melden: Erfolg!

Im Hufhaus, wo zwei wir vermißten,
Die Nachricht nicht rechtzeitig fand,
Braucht keiner die Larven und Listen
Der Leugner von Volkstum und Land.
Und reicher beschenkt als erbeten,
Wir gehn und sind bald wieder da
Mit Hamann, dem Apologeten
Des H und sogar des Haha!

Uwe Lammla
am 6. Mai 2017