Rolf Schilling
Mein GartenI
Kreuz im Gedächtnis, verwunschene Gruft, Lied, unterm Windfall verdorrt - Dies ist mein Garten: Seit Atem, sein Duft Weigert sich jeglichem Wort.
Manchmal nur, wie aus Träumen, ein Licht, Das seine Tiefen erschließt, Wenn uns vor Tag ein geliebtes Gesicht Anblickt und wieder zerfließt.
Flamme, die Grünes mit Güldenem paart, Engel gebieten der Glut, Kirschblüte, elfenweiß, schmetterlingszart, Schwebt noch, ein Schatten, im Blut.
Wachen die Toten noch immer, umhegt Von Tauben, im Abendrauch still? Hat sich ihr Hauch auf die Hügel gelegt, Schimmernd wie Reif im April?
Du, schon am anderen Ufer, sag an: Welches der Reiche ist dein? Hält dich die Süße des Sommers in Bann? Treibst du im Nordwind allein?
Keine der Rosen, doch Lilien vielleicht Hätten deiner gedacht, Nymphen der Trauer, ihr Klageruf reicht Her aus der ältesten Nacht.
Aber die schwankende Brücke zerbrach, Die unsre Pfade verband. Gib mir ein Schneegesicht, frag mir nicht nach, Streust du die Asche ins Land.
Dies ist mein Garten, aus Bildern gefügt, Die schon kein Himmel mehr trägt. Dies ist mein Garten, ein Steinwurf genügt, Der ihn für immer zerschlägt.
II
Sommer ging die Sonnenpfade Abendwärts, ein schlankes Schwert Gartenglück, aus ferner Gnade Einst entsprungen, unbegehrt.
Nichts vollendend, nichts beginnend, Warst du Stimme, Spiel des Lichts, Träumer, goldne Fäden spinnend In die Himmel des Gedichts.
Dein Gesang, der Erdenschwere Bar, ein weißer Vogel, fand Wolkenher, nach sanfter Kehre, Stets zurück in deine Hand.
Ließ sich in den Zweigen nieder, Grünender Vergängnis froh, Stob mit leuchtendem Gefieder Wieder fort nach Nirgendwo.
Schwalben und die Dunkelfalter Abends, die man übersah, Unberührt von Staub und Alter Schlug dein Herz, der Tiefe nah,
Leis das Eigene befreiend Aus der Stille, die dir tönt, Nicht mehr suchend, nur noch seiend, Unbegehrend, allversöhnt.
III
Kindheit, beflügelter Pfeil, Blick nach verwegensten Zielen, Wanderung ohne Gespielen Morgenweit, zeitlos und heil.
Fernen, im Fluge erreicht, Deutlich blieb das Erkannte, Tiefe, noch niemals benannte, Gab sich dem Schauenden, leicht.
Alles kam unerfleht. Schon im Beginn war Gelingen. Bote, befiederte, gingen Weiß über Wege und Beet.
Garten der Kindheit - wohin? Treibend im Strom der Gesichter, Fügst du, Verdichter, Vernichter, Bilder zu fraglichem Sinn.
Lächeln im spätesten Jahr, Rauhreif auf dämmernden Fährten, Rose verblich in den Gärten, Aber ihr Blühen bleibt wahr.
Immer, aus flüchtigem Grün, Reifst du den Himmeln entgegen, Ihrem unendlichen Segen Wirst du vergeblich entfliehn.
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