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Florian Kiesewetter

Im Chinesischen Garten

Blau kristallen ruht das Wasser,
Braun zerfallen ragt der Ton,
Blütenfarben werden blasser,
Blühen viel zu lange schon.
Abseits von Tumult und Zischen
Wo sich Linien sanft verwischen,
Schwatzt die Kirsche mit der Pflaume,
Und wir treffen uns im Traume.

Mit den Bienen wettzusummen,
Lächelte der frühe Mai,
Wohl wir sind wie sie verklungen,
Und der Monat ist vorbei.
Doch im Innern loht noch immer
Von dem Wonnemond ein Schimmer,
Der uns sah am Bonsai-Baume,
Da wir lagerten im Traume.

All die Formen, die uns labten,
All die Farben, die uns licht,
An der Herzenskruste schabten,
Daß der Schlag sei hörbar dicht,
Trauer zog die Rötelschwalbe
In die Höh, und alles Falbe
War gelöscht im Gartenraume,
Da wir liebten uns im Traume.

Nebelschwadne Wasserfälle
Mischten Zorn gestauter Kraft
In verspielte Sonnenhelle
Grad wie eine Leidenschaft,
Als ein Rosenblatt so tanzte,
Daß es an der Stirn dir franste
Und der Duft entfloh dem Flaume,
Da wir schwebten fort im Traume.

Später gingen wir im Schweigen
Durch den Wald, im Dämmer rot,
Eichhorn wollte flink sich zeigen,
Und ein Pilz sprach bleich vom Tod.
Wie da mählich losch das Helle
Merkten wir nicht an der Quelle
Und ich hielt die Gier im Zaume,
Da wir wandelten im Traume.

Dann stand Abschied jäh und bitter
Auf dem Zeiger deiner Uhr,
Daß zum Bettler werd der Ritter
Vor der Zeit, unendlich stur,
Doch es nimmt mir keine Stunde,
Was mir loht von deinem Munde
Und mir kehrt am Gartensaume,
Da wir trafen uns im Traume.