Joachim Werneburg
Der HainichI
Wind, mich kühlend, ich grüße dich, den abendlichen! Da du mich frösteln machst, Spüre ich einen Hauch der Hünen, welche, alten Erzählungen getreu, Ihre Lungen an diesem Landstrich ausprobieret Mit Felsen leicht wie Staub. Weh, wer packt mich! Wohin, frag ich, ein Wald sich nähert, Wohin werd ich entführt?
II
Kommt das Heer der Verstorbenen, ich rate, fliehe, Wer da lebendig ist. Rette, falls du begegnest jener Schar, im Teppich Des Waldes dein Gesicht; Helden, kopflose, andere ans Rad gebunden, Sind besser dir verhüllt. Mußt du ihnen auch zuhören, sie fliegen achtlos Jetzt über dich hinweg.
III
Hörest, Vogel, nun zu, ein Wort aus meiner Flinte, Es lud dich auf mein Pferd. Zwar die Stellung verlor ich, als der Graf erfuhr, wer Dies Handwerk mich gelehrt; Schenken wollt' ich den fetten Hasen, ach, den Bauern, Sie rannten feig davon. Merke, Vogel, ich ziehe mit Gesellen, ewig Der Schuß ins Schwarze trifft.
IV
Leichter denn des Gespenstes Mund ist eifrig blätternd Ein altes Buch befragt, Wähne ich und vertiefe mich in weise Sprüche, Nicht fassend ihren Sinn. Durch das Fenster Besuch von Raben, ob der Zeichen, Gemalt auf Pergament; Rückwärts les ich, die Vögel fliehen, etwas klüger Verschließe ich das Buch.
V
Fürchte nicht, daß ich, weiß mein Kleid, vor dir erscheine, Der Mond hat es gebleicht, Bittend trete ich, Mensch, vor dich um deine Hilfe, Die heut mich lösen darf. Sieh die Tanne auf diesem grauen Turme ragen, Beherzt steig ihn herauf, Harz in deinem Gefäße ist's, das, mich entlassend, Die wunde Seele schließt.
VI
Hoch die Tarnkappe, Volk, mein kleines, mancher denket, Uns gäb' es längst nicht mehr! Leer die Speicher der Burg, der Ritter hat verweigert Ein täglich Stück Brot. Wein vom besten, die Gläser, reicht die Brote, frisch aus Der Backstube gebracht, Tapfer also hineingebissen. - Ausspuckt! Kümmel Im Laib ist unser Tod.
VII
Höre nun, mich verlassend in dem Wald, worin ich Mit hundert Bildern warb, Wenn mein Haar dir zu schwarz, Gesicht und auch die Rede Zu dunkel, zünde ich, Also dir die ersehnte Helligkeit ersetzend, Die Ländereien an. Bleibt nur Rauch in Gehöften, drin der Wind sich spielend Die Zeit vertreiben wird.
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