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Uwe Lammla

Döbritzer Höhlen

I

Bei Döbritz muß im Riffgestein
So mancher Traum verborgen sein,
Hier gruben in der Altsteinzeit
Die Jäger ihre Zeichen ein.

Das Hochplateau gemach beschreit,
Der Feldrand sei dir Spur und Leit,
Dann durch die Büsche nach dem Grat,
Bis senkenhin sich Dornicht reiht.

Zur Wüsten Scheuer zieht der Pfad,
Bescheidnes Haus mit Keil und Spat,
Doch Sehnsucht, die jahrtausendalt,
Lockt dich mit Hall und Runenrat.

Hier wird dir selbst im Sommer kalt,
Luft fächelt durch Gesims und Spalt,
Was war, scheint hier nicht abgetan
Und redsam raunt der Seelenwald.

Ob Weisheit dich umsingt, ob Wahn,
Du weißts nicht, doch das Wabern mahn
Dein Herz, daß unser Mühn im Licht
Nur einen Strom durchmißt im Kahn.

Hier gilt ein andres Eich-Gewicht,
Hier macht kein Dämmer Tag zunicht,
Hier haucht sich Gott mit Sternenschein
Und zeigt dir deine kurze Sicht.


II

Ein Luftzug aus dem Karstgelaug,
Verriet dem Forscher in dem Jahr,
Da Deutschland wund doch fruchtbar war,
Daß hier ein Hort zur Einkehr taug.

Er fand den Grottenflur zum Knie,
Mit Feuerstein und Knochenzeug,
Herdstelle in gewundner Beug
Wo noch des Rauchfangs Symphonie

Der Wind zu spieln weiß, der sich fängt
In Pfeifen, glatt im mürben Karst,
Doch aus der Asche, drein du starrst,
Kein Flämmchen Hand und Ärmel sengt.

Manch Tier, in Tafeln eingeritzt,
Wildpferd, Steinbock und Moschusochs,
Hier wird der Kult des großen Bocks
Lebendig und das Aug, das blitzt

Dem Jäger, der nach langer Kar
Die Beute späht am schroffen Hang,
Und heimschafft stolz im Dankgesang,
Was ein Geschenk der Götter war.

Hier hat die Kunst am Totem teil,
Denn mag das Heim bescheiden sein,
So treten doch die Ahnen ein
Und schirmen es mit Mut und Heil.


III

Gerdgrotte heißt der dritte Stern
In Mosaik von Holdersheim,
Erweck auch ihn im rechten Reim
Und deute in der Hut des Herrn.

Wer einst den Ger, mit Müh gefügt
Und reich verziert mit Bann und Glück,
Auf Fahrten trug und reich zurück,
Der Prüfung jeder Zeit genügt.

Denn nicht wer mit Motor und Funk
Zu Leibe rückt dem Schicksalsbann,
Erweist sich als der wahre Mann,
Schafft Neid dem Grottenolm-Geunk.

Im Schlichten und im Ursymbol
Wacht auch die Größe des Geschlechts,
Und die Musik des Gergefechts
Weiht tausend Jahr die klamme Hohl.

Die Waffe, die dem Manne frommt,
Krönt auch den Traum in dieser Schweiz,
Drum nicht mit höchster Rühmung geiz,
Wenn hohen Muts der Krieger kommt.

Er schreitet durch die Schattenwelt
Als Rufer nach dem Schöpfungsschmerz,
Und gleichst du ihm im deutschen Herz,
Dir auch sein alter Herd gefällt.


IV

Du kommst zum Grottengang der Urd,
Zum Heiligtum der Mütterwelt,
Wo Mannesstolz und Himmel fällt,
Da bleibt der Mythos der Geburt.

Dies ist der reichste Höhlenraum,
Denn alle Schöpfung kehrt zum Quell,
Zwar sind verrottet Holz und Fell,
Doch was von Stein, bewahrt den Traum.

Auch Knochen und der Schädel Rund
Sind unverletzt der Zeit bewahrt,
Du stehst am Pol der langen Fahrt
Und glücklich vor dem reichen Fund.

Die einst am Herde Mahl und Mär
Gepfegt der strengen, weisen Norn,
Hat Yggdrasil einst auserkorn,
Zu künden, was da war und wär.

Drum Rat, wenn sich der Mann verirrt,
Sei dorten, wo man flicht und spinnt,
Seidkundig ist das Weibsgesind,
Das Filz und Knäul zum Pfad entwirrt.

Auch unsern Labyrinthen sei
Hier Ausgang und ein reifres Los,
Liguster blüht im Runsenmoos
Und gibt dich grünen Wäldern frei.


V

Eh du dich wendest von dem Riff,
Dein helles Aug den Felsen triff,
Der weithin ragt als Drachenzahn
Mit schroffem Hang und scharfem Schliff.

Ins Saaleland führt deine Bahn,
Der aufgereckte Weiser mahn,
Nur eingedenk des Grottenrats
Sollst du den Wassergeistern nahn.

Was raunte dir aus Schrund und Schlatz,
Erläutert Schühly dir aus Graz,
Der jedes Kräutlein hegt und kennt,
Was du erbatst, er kam und tat's.

So rüste dich, der Himmel brennt,
Und wer heut noch nicht ausgepennt,
Der ist gewiß kein Wandersmann,
Der Wunder in den Wäldern fänd.

Tannhusers Land hält dich in Bann,
Manch Schwelle überschreit im Tann,
Die Ehrfurcht heischt dem jungen Geist,
Der frühtags kommt und schauen kann.

Die Bilder, die du Gott entleihst,
Durchplätschert eine Quelle meist,
Dazu, was dir der Grünling pfiff,
Und was die Gabelweihe preist.