Rolf Schilling
SchneckenhengstGepriesen sei das Weiche, Das Zarte gebe Halt, Und Holder vor der Eiche Wird wer am längsten wallt.
Und wie er sich verhalte, Daß er den Gral erlang, Bevor die Glut erkalte, Lehr ihn der Schlangen Gang.
Und wie er sich erstrecke Mit Fühlern in den Raum Lerht ihn das Horn der Schnecke, Zu tasten Saum um Saum,
Bis er, in leisem Gleiten Durch Mond- und Sonnenglanz Erfuhr die beiden Seiten Des Möbiusschen Bands.
Von Silber sind die Spuren Der Gleiter, ihre Wehr Glimmt safran und azuren, Es stellt der Schnecken Heer
Die zartesten der Blitzer Am Unsichtbaren Gral, Im Liebesspiel-Geglitzer Wird Silber zu Opal.
Spür, wie bereit zu reinem Gebrauch der hohen Kunst, Sie, Mann und Weib in einem, Sich rüsten für die Brunst.
Wie sie bedächtig hegen Die Mulde für das Ei, Wie sie die Minne pflegen, Als ob die Zeit nicht sei.
Als ob das Wasser stehe, Das uns der Fluß hertrug, Im Spiegel nicht verwehe Der Hauch der ihn beschlug.
Sanft schmiegen sich die Glänzer Dem Sämann in die Hand, Hat je ein Tempeltänzer So langsam sich ermannt?
Hat je, dem Gold verwoben Der Nacht, ein Liebespfeil So langsam sich erhoben Und stand zuletzt so steil?
Und will der Reim sich schließen, Er schließt sich nicht: So früh Wird Seim sich nicht ergießen Mit silbernem Gesprüh.
Erst wenn die Pfeile zielen, Wie sie der Schoß begehrt, Und frei die Lichter spielen, Wird auch der Kelch geleert.
Mit Purpur überblühen Die Himmel Haut und Horn, Und wenn sie sacht verglühen, Beginnt das Spiel von vorn.
Gepriesen sei das Weiche, Was zart ist, währe lang, Und Holder vor der Eiche Wird , wer die Schlangen sang
Und wer im Haus der Schnecke Geträumt hat, daß am Schluß Der Quester ihn erwecke Zu dunklerem Erguß.
Daß er als Weib dem Manne, Als Mann dem Weibe dien, Dem Wald sich zeigt als Tanne, Dem Schnee als Hermelin.
Daß er als Scharlach-Spender Die Brünne übersprüh Dem Liebespfeil-Entsender Mit Blut, und nie zu früh.
Doch Blut ist nicht das letzte Und auch das erste nicht, Vom Born, der dich benetzte, Tropft Gold in dein Gedicht.
Schließ Quellen auf im Eise, Greif nach des Rohres Knauf Und mach nach Sängerweise Dir deinen Reim darauf.
Das Zarte sei gepriesen, Der Leib, der sich belaubt Mit Wappen und Devisen, Mit Hörnern auf dem Haupt.
Mit Hörnern, die so zart sind Wie Schneckenhörner, wenn Die Sanftesten gepaart sind, Auf daß kein Schwert sie trenn.
Triffst du im Waldgelände Die Gleitenden, die braun Zur Zeit der Sommerwende Ihr Liebesnest erbaun,
Halt aus bis an die Neige Des Traums, dem Winzer freund, Bis auf dem Rebensteige Der Herbst die Trauben bräunt.
Dann soll der Reif sich ründen, Dann soll der Stab, der glimmt, Nicht früher sich entzünden Als es der Gott bestimmt.
Auf Blättern rot und golden Siehst du die Silberspur, Blau-trunkenem Verholden Sprich zu in dunklem Dur.
Quillt Purpur aus der Traube, Wenn Pan die Sichel setzt, Trägst du von Flaum die Haube, Und dort im Traum zuletzt
Darfst du dich Schwelger nennen Und als der Schnecken Hengst Dein Siegesmal aufbrennen Den Schößen, die du tränkst.
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