Rolf Schilling
Im Lande MerlinsI
Du stehst in deiner Zeit So fremd wie ein Cyklop. Du schlägst das Tambourin, Als ob dich einer hör. Du kommst im Schwanenkleid Und singst dem Künder lob. Setz all dein Glück auf ihn, Zu seinem Banner schwör. Und niemand weiß, wie weit Der Dunkle dich erprob, Ob er zum Paladin Dich ohne Zögern kör. Du sei für ihn bereit, Denn groß ist, was er wob, Und holder nie erschien Herz-As dem Hassardeur Als dir, der, wenn im Streit Der Stier sein Horn erhob, Das Weltspiel spielt, Merlin, Als ob er nie verlör.
II
Träum dich heim ins Land der Kelten, Forsche nach der Bilder Sinn, Der du webst in diesen Welten Schon von allem Anbeginn.
Einst - aus welchen Traumgezelten? - Brachst du auf im Morgenglast, Wogen, die am Fels zerschellten, Hat dein Fang im Flug erfaßt.
Als die Himmel sich erhellten, Hobst du Adler auf den Schild, Doch mit blankem Speer gesellten Sich die Jäger dir, dem Wild.
Recke, den die Schnitter fällten, Blieb verschollen im Revier, Doggen, die den Hirsch verbellten, Stillen ihren Durst an dir.
Die die Runen-Weiser stellten, Hat des Wächters Schwert geköpft, Doch die Sprüche werden gelten, Bis der Wind das Meer erschöpft.
III
Ihr, die ihr, vertieft In die Muschel-Schrunde, Träumtet: welche Kunde Kam euch, da ihr schlieft?
»Wer die Perle schnitt Aus dem Fleisch der Auster, Bleibt ein Sturm-Umbrauster, Den das Glück nicht litt.
Wer wie wir gefischt Draußen an den Fjorden, Schwelgt in Gold-Akkorden, Bis das Licht erlischt.
Wer sein Wort vermischt Mit dem Spruch der Kläger, Gleicht zuletzt dem Jäger, Dem das Wild entwischt.
Wer wie wir geruht Auf der Silberstufe, Hört des Einhorns Hufe Noch im Sturz der Flut.
Wer den Schlafmohn träuft Auf die Stirn des Drachen, Wird im Wahn erwachen, Wird im Blut ersäuft.
Wem die Locke trieft Von geweihten Salben, Wird im Sand verfalben, Doch dem Sohn des Alben Ist das Licht verbrieft.«
IV
Alles erhellt sich, Alles erschließt sich, Fügt sich zusammen, Breitet sich aus, Speerbanner schwellt sich, Goldstrom ergießt sich, Schürer der Flammen Hütet das Haus.
Hütet die Halle, Drin wir uns grüßen, Bietet zum Pfande, Krallen und Fell, Bis wir uns alle, Göttern zu Füßen Sitzend im Sande Tränken am Quell.
Hände bemalen, Schwerter zerschrammen Marmorne Platten, Panzer von Erz. Eh noch die Strahlen Adler entflammen, Gleitet der Schatten Über dein Herz.
V
In Pen-Cadenic Wirf Anker und raste, Laß Hel, die verhaßte, Mit Sichel und Quaste Im Schatten zurück.
In Pen-Cadenic Halt ein und verweile, Daß Hermes, der heile, Dir Köcher und Pfeile Mit Runen bestick.
Erlies dein Geschick Im Dünensand, senke Vor Artemis´ Tränke Die Flügel und schenke Dem Stier einen Blick.
Den kühnen erquick Mit Blitzen, vermische Das Feuer der Frische, Dann regen die Fische Ihr Silber im Schlick.
Dann minnt, wie die Biene Das Licht, auf der Brigg Der Traum-Paladine Merlin Melusine In Pen-Cadenic.
VI
Wo die Wasser schweigen, wo der Stein Sich der Mauer einfügt von allein, Wo der Rabe schwarze Flügel schwingt, Kaum die Sonne das Gestrüpp durchdringt, Koste du, verdunkelten Gesichts, Von der Süße des getrübten Lichts. Die den Weg dir wiesen, fliehen schnell, Einsam neigt der Quester sich zum Quell, Einsam trägt die Kröte den Rubin, Doch dem Trinkenden verspricht Merlin, Daß er seiner Träume Schatten fang, Atem-hold und mächtig an Gesang, Daß er seiner Stärken inne sei, Daß bei seinen Werken Minne sei, Daß das Gnadenreich, das ihn entsandt, Einst empfange seines Golds ein Quandt, Daß die Stimme, wenn der Leib verging, Wie Merlin aus tausend Mündern sing.
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