Joachim Werneburg
Der AurorafalterHeiß der Tag, als ein Frosch durchmesse ich kühlendes Wasser. Ob die Kröte noch weiß, was eine Larve verbirgt? Blaue Libelle, hinschießend, sie zielt nach der schwimmenden Insel; Und mit ihrem Geäug schaut sie ganz andere noch. Schwankendes Eiland – mit Birken, Hecken und Gräsern, Gleicht es der größeren Welt, die, nach dem Bad, ich besteig.
Mittags, die Heide knirscht, ein matter Hauch trifft die Binse, Dünste steigen auf, Luftschlösser bilden sich leicht. Ruhend auf weichem Gras durchdringt meine Glieder die Schwere, Sink ich in tiefen Schlaf, Erde vergibt ihre Kraft. Krumm, so liege ich gern und winde ich mich wie eine Schlange, Hoffe auf ihren Witz jenseits von aller Geburt.
Dicke Eiche im Wald, trotz Borke tropft Harz auf die Bänke. Alte Gesichter im Stamm holen die Gegenwart ein. Schöpferisch braut sich das Wasser im düsteren Himmel zusammen, Schaukelt gewundener Ast, fehlt ihm ein Mensch, der versteht. Dunkelgrün schimmern die Blätter. Ein dünnes Rohr für die Blitze, Aber sie schonen den Baum, Zeuge der donnernden Macht.
Beeren – vom himmlischen kostend, dem Himbeermund einer Geliebten ... Groß erscheint ihm die Zeit, da er den Blitz in sich fühlt. Der Zigeunerin kam er, der Herrscher über den Wolken, Hat sich der Schönen – ihr Haar, schwarz mit Schleifen – vereint. Farn schmückt ihr Grab nun im Wald. Ein Feuerstrahl zeugte die Träublein, Rot sind sie, die unterwegs jeder nun pflückt ohne Not.
Hier am Tiefen Ort erinnere ich das Gewitter. Igel kreucht übers Gras, bleibt überrascht vor mir stehn, Duckt sich vor den Versen und weist wie der Tag mir die Stacheln, Hält aber aus bis zum Schluß, trollt sich dann bellend davon. Durch das Tal zieht die Werra sich hin, eine Schlange, sie hütet, Alles enthält es, das Salz, was mir zu sagen bestimmt.
Jetzt aber steigt eine Sonne, vom Puppenkleid löst sich der Falter, Wandelte sich genug, leicht sich die Hülle verschließt.– Nichts will er mehr von der Raupe wissen, denn immer nur frißt sie, Hat nichts andres im Kopf, träge nur kriecht sie am Kraut.– Schnell und geschickt bei stillem Wind, zwei farbige Flecke, Fliegt er zum Nektar hin, den auch Aurora noch braucht.
Sonnenpfeile nach den feuchten, den Grashalmen zielen, Haben verborgne geweckt, Mücken, das emsige Volk, Nicht nur die kleinen Punkte, versammelt zu einem Ensemble, Hörst du nicht ihre Musik, siehst du doch noch ihren Tanz. Wer ihre Noten aufschriebe, begriffe die Tiefe der Erde, Drin sich die Künstlerin birgt, wenn ihr der Lichtstrahl verschwand.
Hergeflogen ein kleineres Horusauge, die Wespe. Droht sie mit ihrem Dorn mir die Verwandlung nun an? Kraftlos fällt sie, ein Edelstein zwar, auf die hölzerne Sitzbank, Eine Erdscheibe bot so einer Sonne ihr Ziel. Birnentrunken am Boden, noch einige Schläge der Flügel Und ein letztes Gesumm.– Wurm, nun beginne dein Werk!
Auch von Birnen gesättigt, sitz aufrecht ich auf dem Platze. Kribbeln spür ich im Fuß, Blitze, vom Erdreich gesandt. Fichte, Hagebutt, silberne Wolke – gespiegelt im Teiche – Aber das bin ich doch selbst, mir aus der Seele gestellt! Spiel eines Kindes, ich lege es ab wie das Kleid einer Puppe. Ward ich selber mir reif, breite die Flügel ich aus.
|
|