Rolf Schilling
MelusineI
Laß ab vom Stock der goldnen Biene Und such des Wassermanns Palast, Der deine Gärten, Melusine, Mit Gürteln sanft aus Tang umfaßt.
Sein Auge schenkt dem Wasser Helle, Sein Atem macht das Trübe klar, Und was du spürst von Sturm und Welle, Ist nur sein Hauch in deinem Haar.
Geborgen in der blauen Tiefe Spielst du mit Muschel, Schnecke, Schwamm, Dort wirf die Netze aus und hieve Die Gold-Amphore aus dem Schlamm.
Wächst aus dem Rachen der Charybde Die Woge, die den Fels bezwingt, Hältst du dem Hüter das Gelübde Und trinkst vom Quell, der ihm entspringt.
II
Als noch die Falken zu dir drangen, Warst du des Winds Gebieterin, Nun da dir Huf und Horn verklangen, Gibst du dich ganz der Tiefe hin.
Ob dir der Schwanen-Ritter diene? Er kommt, und hold ist sein Gebot: Auf deine Lippen Melusine, Legt er des Herbstes Gold und Rot.
Er schöpft aus goldenen Amphoren, Er ficht mit funkelndem Florett, Was du bei Tag an Glanz verloren, Macht seine Huld im Dunkel wett.
Und wenn die Ufer sich verwischen, Wirst du dem Gott, der dich bestritt, Dein Blut nur inniger vermischen, Je tiefer seine Klinge schnitt.
III
Fach, wenn im Schatten der Gynander Dich traf, des Altars Flammen an: Dort wachst du mit dem Salamander, Dort schläfst du mit dem Wassermann.
Wo du versinkst im Gold-Besprühten, Sind andre Zeichen dir gesetzt Und Siegel, die dich immer hüten, Solang du selbst sie nicht verletzt.
Der aus dem Blut der Purpur-Schnecke Die Säfte, die dich heilen, braut, Färbt Speere Schaft und Schildes Decke, Dann trägst auch du die Sternen-Haut.
Und wenn kein Himmel dir erschiene, Du spürst im Schilf, das zu dir spricht, Den Hauch des Hüters, Melusine, Und seiner Lippen goldnes Licht.
|
|