Clemens Brentano
Jäger und HirtDurch den Wald mit raschen Schritten Trage ich die Laute hin, Liebe singt, was Leid gelitten, Schweres Herz hat leichten Sinn.
Durch die Büsche muß ich dringen Nieder zu dem Felsenborn, Und es schlingen sich mit Klingen Durch die Saiten Ros und Dorn.
In der Wildnis wild Gewässer Breche ich mir kühne Bahn, Steig ich aufwärts in die Schlösser, Schaun sie mich befreundet an.
Haus ich nächtlich in Kapellen, Stört sich kein Gespenst an mir, Weil sich Wandrer gern gesellen, Denn auch ich bin nicht von hier.
Seh ich Zauberschätze glimmen, Locket bald durch Sumpf und Moor Mich der Irrwisch hin und stimmen Muß mein Lautenschlag dem Chor.
Zu der Gnomen Hochzeitfeier, Zu der Elfen luftgem Tanz Tönet meine ernste Leier Unerschreckt im Mondenglanz.
In dem Schoß der Wunderberge In der Zauberfräulein Haus Führen mich die schlauen Zwerge Und ich singe ohne Graus.
Geister reichen mir den Becher, Reichen mir die kalte Hand, Denn ich bin ein kühner Zecher, Scheue nicht den glühen Rand.
Ja beim Mahl zur bösen Stunde Leert den Becher ich mit Faust, Wo berührt vom Satansmunde Höllenglut im Weine braust.
Alles ist mir schon geschehen, Meine Schale ist erfüllt, Seit ich selber mich gesehen, Hab das Antlitz ich verhüllt.
Zu der Mainacht Hexenreihen Spiel ich nun ein geistlich Lied, Daß die Schar mit Maledeien Vor dem fremden Sänger flieht.
In Frau Venus Berg die Leier Hab mit Keuschlamm ich geschmückt Und sie hat mich ohne Schleier An die volle Lust gedrückt.
Doch sie konnte mich nicht rühren, Sie verging in frommer Scham, Ließ sich leicht von mir verführen, Daß sie einen Schleier nahm.
Die Sirene in den Wogen, Hätt sie mich im Wasserschloß, Gäbe, den sie hingezogen, Gern den Fischer wieder los.
Wo der Schwan im Wellenspiegel In sein Sternbild niedertaucht, Bricht der Schmerz auch mir das Siegel, Daß mein Leid im Liede haucht.
Meinen weißen Hirsch verloren Hab ich mit dem Goldgeweih; Die in ihm war eingeboren Starb mit ihm die schöne Fei.
Weh, mich hatte die Meduse Mit dem Schlangenblick versteint, Und seitdem hat meine Muse Nicht gelachet, nicht geweint.
Doch mit scharfen Wünschelruten Schlug ihr Amor ins Gesicht, Daß ihr aus in Tränenfluten Die versteinte Seele bricht.
Bittre Meere um mich rannen, Und wie auch die Phantasie Mochte bunte Segel spannen, Nie ach nie, erschafft ich sie!
Und nun kehre ich von Thule, Fand da auf des Meeres Grund Einen Becher, meine Buhle Trinkt sich nur aus ihm gesund.
Füllet euch ihr ewigen Tage, Mond und Sonne steigt und sinkt, Dürstend ich den Becher trage, Und sie fehlt, die aus ihm trinkt.
Suchend geh ich durchs Gedränge Und die Schuldner mahnen mich, Und ich singe viel Gesänge, Doch im Herzen weine ich.
Wo die Schätze sind begraben Weiß ich wohl, Geduld, Geduld, Einer schwebt am Kreuz erhaben, Der bezahlet meine Schuld.
Während ich dies Lied gesungen Nahet sich des Waldes Rand, Aus des Laubes Dämmerungen Trete ich ins offne Land.
Aus der Eichen zu den Myrten, Aus der Laube in das Zelt, Hat der Jäger sich dem Hirten, Flöte sich dem Horn gesellt.
Während du die Lämmer hütest, Zähm ich dir des Wolfes Wut, Wenn du fromm die Hände bietest Werd ich deines Herdes Glut.
Und willst du die Arme schlingen Um ein Liebchen zwei und zwei, Will ich dir den Baum schon zwingen, Daß er eine Laube sei.
Du kannst Kränze schlingen, singen, Schnitzen, spitzen Pfeile süß, Ich kann ringen, klingen, schwingen, Schlank und blank den Jägerspieß.
Gib die Pfeile, nimm den Bogen, Mir ists Ernst und dir ists Scherz, Hab die Sehne ich gezogen, Du gezielt, dann triffts ins Herz.
Wild getan, wie stolz gesprochen, Weh der Pfeil flog seine Bahn, Hat des Lammes Herz durchstochen, Drohend sah der Hirt mich an.
Dorn ward da die Rosenkrone Um sein göttlich mildes Haupt, Vater! rief er, ihn verschone, Denn er hat an mich geglaubt.
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